Altdorf – „Wir suchen nach einer Wohnung für unseren Sohn, in der er weiterhin eigenständig leben und die nötige Unterstützung erhalten kann", erzählt Monika Matthews (65). Das Ehepaar Matthews macht sich Gedanken darüber, wie ihr Sohn gut versorgt und begleitet wird, wenn sie das nicht mehr können. Peter Matthews (34) lebt seit neun Jahren in einer Wohnung in Hersbruck und wird von Mitarbeiter*innen des Ambulant unterstützen Wohnens der Rummelsberger Diakonie begleitet. Das Modell funktioniert jedoch nur mit Hilfe der Eltern, die zum Beispiel bei Krankheit oder Urlaub der Assistent*innen einspringen. Diese Situation kennen viele Eltern von Kindern mit einer Behinderung und suchen nach einer Lösung, wie ihre Kinder auch ohne Mithilfe der Eltern gut versorgt sind. Daher stößt die Rummelsberger Diakonie nun im Nürnberger Land ein inklusives Wohnprojekt an, das diese Betreuungslücken schließen soll. Die Eröffnungsveranstaltung findet am Montag, 9. Oktober im Café Kakau, Ohmstraße 1 in Altdorf statt. Der Infoabend beginnt um 18 Uhr.
„Eingeladen sind Menschen mit Behinderungen, Menschen im Autismus-Spektrum und ihre Angehörigen, die in einem inklusiven Umfeld leben möchten", sagt Ingrid Schön, Regionalleiterin der Rummelsberger Behindertenhilfe. Informiert wird über Inklusives Wohnen allgemein und wie das Projekt im Nürnberger Land organisiert werden kann. Außerdem werden anhand einiger Beispiele Projektentwicklungs- und Finanzierungsmöglichkeiten vorgestellt.
Genaue Planungen für das Projekt im Nürnberger Land gibt es noch nicht. „Wir sehen uns als Moderatorinnen und Unterstützer*innen“, sagt Schön. Das Konzept, die Finanzierung und die Baubetreuung soll von den Teilnehmer*innen mitorganisiert und entschieden werden. Offen ist auch noch der Punkt, wie die künftigen Bewohner*innen Inklusion erleben möchten. Möglich ist, dass Menschen mit und ohne Behinderung unter einem Dach wohnen oder dass das Projekt von Menschen mit Behinderung gestartet wird, die in einem inklusiven Umfeld, also etwa in Altdorf oder Lauf, leben möchten. „Wir können die Menschen dann mit unserem Ambulant unterstützten Wohnen in den eigenen vier Wänden begleiten“, verspricht Ingrid Schön.
Die Entstehung inklusiver Wohnprojekte ist auch Holger Kiesel, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung und dem Verein WOHN:SINN – Bündnis für inklusives Wohnen ein großes Anliegen. Mit dem Projekt "Inklusives Wohnen in Bayern stärken" sollen die Rahmenbedingungen für inklusive Wohnformen im Freistaat verbessert werden, wie im Vorwort des Projektberichts betont wird.
Seit Juni 2022 haben sich ein Jahr lang insgesamt 57 Personen in sechs Arbeitsgruppen mit den drängendsten Herausforderungen für inklusives Wohnen auseinandergesetzt. Unter ihnen war auch Regionalleiterin Ingrid Schön, zudem ist die Rummelsberger Behindertenhilfe auch Mitglied bei WOHN:SINN. Die Erfahrungsberichte und Leitfäden bringen die Rummelsberger nun in das geplante Projekt ein.
„Ich finde es klasse, dass die Rummelsberger Diakonie diese Initiative startet“, bedankt sich Monika Matthews und freut sich, interessierte Menschen am Infoabend kennenzulernen.
Für die erste Infoveranstaltung für das inklusive Wohnprojekt am Montag, 9. Oktober, ab 18 Uhr im Café Kakau, Ohmstraße 1 in Altdorf wird um Anmeldung per E-Mail unter inklusives-wohnprojekt(at)rummelsberger.net oder unter 09187 95 47 20 gebeten, bitte auf den Anrufbeantworter sprechen. Weitere Informationen über das inklusive Wohnprojekt sind hier zu finden: rummelsberger-diakonie.de/inklusives-wohnen.
Nürnberg – Wenn Kathleen Wilfling ihren Hund Flake mit zur Arbeit bringt, dann freuen sich die Teilnehmer*innen der Förderstätte für Menschen im Autismus-Spektrum der Rummelsberger Diakonie in Nürnberg. Seit vier Monaten darf der Australien-Shepard-Mischling in der Einrichtung mitarbeiten.
„Eigentlich wollten wir nur die Besuchshundeprüfung ablegen, aber dann hat uns der Trainer auf die Idee gebracht, die Ausbildung zum Therapiehund zu absolvieren“, erzählt die 28- jährige Heilerziehungspflegerin. Flake ist erst 1,5 Jahre alt und ein sehr geduldiger und freundlicher Hund, der gerne mit Menschen arbeitet. Die Ausbildung läuft gut, in drei Monaten dürfen die beiden zur Abschlussprüfung in Nürnberg antreten.
Drei Mal die Woche arbeitet Flake an seiner Praxisstelle mit und verbringt Zeit mit den Autist*innen in der Nürnberger Förderstätte. „Am liebsten gehen wir mit zwei oder drei Teilnehmer*innen zusammen spazieren“, erzählt Kathleen Wilfling. Sie sind oft in St. Johannis unterwegs oder auch im Burggraben. „Aber wir fahren auch gerne mit dem Auto zum Marienberg oder in den nahegelegenen Wald oder nehmen die öffentlichen Verkehrsmittel, wenn die Teilnehmer*innen sich das wünschen“, erzählt die Heilerziehungspflegerin.
Und klar, nicht jeder geht gleich offen auf Flake zu. „Wenn wir merken, dass die Menschen Angst haben, dann gehen wir es langsam an“, erklärt die 28-Jährige. Wer keinen engeren Kontakt zum Hund wünscht, muss das auch nicht. Aber es ist schön, wenn die anfängliche Zurückhaltung weicht, wie bei Bernd.
Der junge Mann hatte schlechte Erfahrung mit Hunden gemacht. Bei Flakes ersten Besuchen war er deshalb sehr zurückhaltend. Inzwischen fragt er Kathleen Wilfling aber immer wieder, wann Flake denn wieder dabei ist. Und das ist das Ziel: Spaß mit dem Hund haben, neue Erfahrungen sammeln und gemeinsam Zeit in der Natur verbringen.
Australien-Shephard-Mischling Flake und seine Besitzerin Kathleen Wilfling sind ein gutes Team. An drei Tagen arbeitet Flake in der Förderstätte für Menschen im Autismus in Nürnberg mit. Foto: Victoria Herz
Rasul genießt die Zeit mit Flake und spielt gerne mit dem angehenden Therapiehund. Foto: Kathleen Wilfling